Kriegsjahre in Westpreußen

Anmerkungen zu den Gemälden WV-Nr. 944 und 1106:


Graudenz, Ausblick vom Schlossberg, 1943, 64,3×56 cm, Öl auf Leinwand, Privatbesitz (WV-Nr. 944)

Der Zweite Weltkrieg verschonte auch den Maler Arthur Eden nicht. War er bereits im Ersten Weltkrieg im September 1917 eingezogen worden, so verhinderte eine Entzündung in beiden Fußgelenken seinen Fronteinsatz. Im Dezember 1918 kehrte er nach Sillenstede zurück.
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im Jahre 1939 wurde Arthur Eden erneut eingezogen und im Pferde-Heereslazarett 630 in Cloppenburg stationiert. 1941 wurde er wegen seines verschlimmernden Fußleidens aus der Wehrmacht entlassen und als Maler und Werftzeichner an der Marinewerft in Wilhelmshaven dienstverpflichtet. 1942 wurde sein zuständiges Konstruktionsbüro nach Graudenz/Westpreußen verlegt. Einem glücklichen Umstand hatte er zu verdanken, dass er dort in den Besitz von Leinwand und Farben gelangte. Allerdings waren diese nur von minderer Qualität, wie man 80 Jahre später an den noch heute erhaltenen Arbeiten erkennen kann.


Graudenz, Schloßberg, 1943, 55×45 cm, Öl auf Leinwand, Privatbesitz (WV-Nr. 1106)

Zum Aufenthalt in Graudenz schreibt Edens Tochter Theda: „In seiner freien Zeit machte er sich mit der westpreußischen Landschaft vertraut, malte die Weichsel und die Marienburg. In Danzig, Bromberg und Tannenberg fand er viele Motive; er unternahm Malausflüge in die Tuchler Heide und porträtierte die Familienangehörigen seiner Vorgesetzten. Seine Ehefrau Harmina erinnert sich sehr gut an diese in Westpreußen entstandenen Bilder, die sie anlässlich ihres Besuchs in Graudenz im Frühjahr 1943 – wenigstens zum Teil noch – ansehen konnte. Alle in dieser Zeit gemalten Bilder wurde sofort verkauft oder von Arthur Eden verschenkt, sodass heute lediglich ein paar Fotos Aufschluss geben können über die „Westpreußen-Zeit“.“1

Bis 1944 blieb Arthur Eden in Graudenz. Nachdem er nach Hause zurückgekehrt war, wurde er im März 1945 nochmals in den aktiven Wehrdienst einberufen. Nach Kriegsende gelangte er in britische Gefangenschaft, die er in einem Lager in Belgien verbrachte. Siehe hierzu auch den Blog „Dingskirchen, Irgendwo, Meinetwegen,..“.

Wo ist diese Vielzahl an Zeichnungen und Ölgemälden, die in dieser recht produktiven Zeit in Westpreußen entstanden, geblieben, denn heute sind nur zwei Aquarelle, eine Zeichnung und drei Ölgemälde bekannt – davon ein Porträt. Die Zeichnung, ein Blick auf Graudenz (WV-Nr. 232) und ein Aquarell (WV-Nr. 230) befinden sich im Nachlass des Künstlers. Ein Aquarell (WV-Nr. 484), ein Blick auf Roggenstede, schenkte Eden dem Sillensteder Schmied Ehlert als Dankeschön für einen geschmiedeten Bügel mit einem Stück Kupfer am Ende, den er bei Bedarf ins Blumenwasser stellen konnte, damit die Blumen beim Malen eines Stilllebens länger frisch bleiben. Ein Ölgemälde mit Blick auf Graudenz (WV-Nr. 944) behielt Eden zunächst. Später gab er es ab, und es fand jahrelang einen Platz im „Langewerther Krug“.


Arthur Eden mit Malkasten in Graudenz

Das zweite Ölgemälde zeigt den Blick auf den Schlossberg in Graudenz (WV-Nr. 1106). Dieses fand man 2016 ungerahmt auf einem Dachboden in Schwerin. Nach Auskunft der damaligen Eigentümer soll ein Herrn Bahlmann das Gemälde besessen haben. Eine Recherche ergab, dass auch ein Herr Bahlmann im Jahr 1943 in Graudenz stationiert war; seine Spur verliert sich jedoch gleich wieder. Es findet sich nur ein einziger Hinweis auf Bahlmanns Zeit in Graudenz:
Der beim Reichsarbeitsdienst (RAD) eingesetzte junge Soldat Eskel Jacobsen schreibt seinen Eltern am 19. April 1943 aus Graudenz: „Gestern wurden wir eingekleidet; wenn Ihr mich sehen würdet. Meine Hose ist noch enger als die von Bahlmann, und dann besteht sie nur aus Flicken. Meine Jacke geht. Nur die Stiefel machen mir Sorgen. Ich habe keine Stiefelbänder und bitte Euch deshalb, mir schwarze zu schicken.“²
Bekam dieser beim Reichsarbeitsdienst eingesetzte Soldat Bahlmann das Ölgemälde von Arthur Eden geschenkt, oder war er nur einer von mehreren Soldaten gleichen Namens in Graudenz?

Das dritte bekannte Ölgemälde, das Porträt des Arthur Johannßen (WV-Nr. 43), entstand Weihnachten 1942. Johannßen war technischer Zeichner bei der Marine in Wilhelmshaven und wurde 1942 nach Gotenhafen versetzt.

Arthur Johannßen und Eden verband eine enge Freundschaft. Das Porträt ist das Ergebnis einer Zeit, wo beide in der Ferne die leeren Abende füllten. Durch einen glücklichen Umstand konnte Johannßen das Porträt retten.

Nachdem auch das Werkverzeichnis schon viele Jahre online einsehbar ist, ergaben sich bislang keine Hinweise aus der heutigen Gegend um Graudenz auf unbekannte Werke Edens. Vieles wird wahrscheinlich in der Nachkriegszeit verlorengegangen sein.

Autor: Andreas Grundei

Quellenangabe:
1Eggers, Theda (1986): „Mein Vater Arthur Eden-Sillenstede“, Verlag C. L. Mettcker & Söhne GmbH, Jever, Seiten 21/22
² Junge, Günther (Herausgeber) (2015): „Die träumenden Briefe“, tredition Verlag, Hamburg, Seite 9