Anmerkungen zum Gemälde WV-Nr. 502:
„Entbehren können, ohne zu leiden – das sei das größte Geschenk des Himmels“, so lautete der Lebensspruch des Heimatforschers Georg Janßen-Sillenstede, der in den 1940er Jahren von Arthur Eden porträtiert wurde. Das Porträt fand über Jahrzehnte seinen Platz in der Halle der Sillensteder Grundschule, wo der gemalte Georg Janßen auf Tausende von Schülern herabblickte, die täglich mehrmals auf dem Weg zum Pausenhof an seinem Bild vorbeigingen.
Das Gemälde zeigt ein Ölporträt von Georg Janßen, das in den 1940er Jahren entstanden ist. Es handelt sich um ein repräsentatives Porträt, das durch seine formale Struktur und Detailgenauigkeit auffällt. Georg Janßen wird in einer sitzenden Haltung dargestellt, die Würde und Ernsthaftigkeit ausstrahlt. Er trägt einen dunklen Anzug mit Hemd und Krawatte, was auf seine gesellschaftliche Position und seinen Status als Forscher und Heimatpfleger hinweist. Die Haltung wirkt ruhig und bedacht, was Janßens Charakter als Gelehrter unterstreicht. Der Hintergrund ist schlicht gehalten, in Brauntönen mit einem weichen Verlauf, wodurch die Aufmerksamkeit auf die Figur gelenkt wird. Der Verzicht auf Ablenkungen im Hintergrund dient dazu, die Persönlichkeit in den Vordergrund zu rücken.
Das Gesicht ist detailreich ausgearbeitet, mit einer Betonung der markanten Gesichtszüge wie der Nase, den scharfen Augen und dem gepflegten Schnurrbart. Der Ausdruck wirkt nachdenklich und wachsam, ein Hinweis auf seine geistige Tätigkeit. Der kahl werdende Kopf mit sorgfältig geglättetem Haar verstärkt den Eindruck von Reife und Weisheit. Janßens rechte Hand ruht auf zwei Büchern, ein klassisches Symbol für Bildung, Forschung und Wissen. Die Handhaltung wirkt kontrolliert und stabil, was für seine Entschlossenheit und Hingabe spricht.
Das Porträt ist in Öl auf Leinwand gefertigt, einer Technik, die für die damalige Zeit typisch war. Die Verwendung von Öl ermöglicht tiefe Farbsättigung und feine Details, was besonders in der Ausarbeitung der Hauttöne und der Textur des Anzugs sichtbar wird. Die klare Linienführung und die realistischen Proportionen entsprechen dem Stil von Arthur Eden. Das Gemälde wurde vermutlich geschaffen, um Georg Janßen in seiner Rolle als Heimatforscher und verdienstvollen Bürger der Region zu ehren. Der Fokus auf seine intellektuelle Seite sowie die dezente Farbgebung rücken seine Persönlichkeit und Lebensleistung in den Vordergrund. Die Entstehung in den 1940er Jahren spiegelt den akademischen Porträtstil dieser Epoche wider.
Lebensdaten Georg Janßen:
Georg Janßen wurde am 9. September 1877 als einziger Sohn von drei Kindern des Landwirts Johann Folkers Janßen geboren. Sein Vater besaß das Landgut Wulfswarfe an der Straße zwischen Sillenstede und Fedderwarden. Janßen besuchte die landwirtschaftliche Winterschule in Varel und die Ackerbauschule in Norden, um sich auf die Tätigkeit in der väterlichen Landwirtschaft vorzubereiten. Doch diese Pläne zerschlugen sich schnell, als er sich während seines Militärdienstes ein Rheumaleiden zuzog, das schließlich ein schweres Herzleiden auslöste. Fortan war er auf einen Rollstuhl angewiesen und widmete sich nach seinem Umzug nach Sillenstede bis zu seinem Lebensende der Heimat- und Familienforschung.
Arthur Eden und Georg Janßen verband eine lange Freundschaft. Eden porträtierte ihn mehrfach – 1918 verewigte er ihn im Rollstuhl sitzend auf dem Gemälde „Sillensteder Stammtisch“. Darüber hinaus existieren zwei Skizzen und eine Kohlezeichnung von Eden (siehe WV-Nr. 259, 263 und 906). Janßen besaß auch frühe Ölgemälde des Malers, darunter das Werk „Haus unterm Glockenturm in Sillenstede“ (WV-Nr. 90), das später von der Familie Eden zurückgekauft wurde.
Viele Jahre später hatte Georg Janßen sein gesundheitliches Leiden so weit überwunden, dass er nicht länger auf den Rollstuhl angewiesen war und sogar wieder Fahrradfahren konnte. 1924 heiratete er Adele Wessels aus Moorhausen, mit der er zwei Kinder hatte. 1935 zog die Familie nach Jever. Für seine umfangreiche Forschungsarbeit standen Janßen unter anderem die Archive der Stadt Jever, des Mariengymnasiums und des Jeverschen Altertums- und Heimatvereins zur Verfügung. 1937 übernahm er die ehrenamtliche Leitung des Jeverländischen Altertums- und Heimatvereins. Ihm verdankt das Museum eine Sammlung von 800 Hausmarken – Symbole, mit denen Arbeitsgeräte gekennzeichnet wurden und die bei Schreibunfähigkeit Unterschriften ersetzten. Diese entwickelten sich zu Familienzeichen, die oft auch in Wappen übernommen wurden. Arthur Eden malte die geometrischen Figuren der Hausmarken um 1938 anschaulich auf Holztafeln.
Aufgrund seiner außergewöhnlich schlechten Sehkraft musste sich Georg Janßen in späteren Jahren Texte vorlesen lassen, da er sie selbst nicht mehr entziffern konnte. Eigenes schriftliches Arbeiten war ihm nur noch durch Diktieren möglich. Er starb am 3. November 1947 und wurde in Sillenstede beerdigt.
Von links nach rechts betitelte Arthur Eden rückseitig: Joh. Folk. Janssen Rentner, Joh. N. Blohm Landwirt, W. Hammie Hauptlehrer, Carl Woebken Pastor, C. G. Reents Landwirt, H. Specht Landwirt, Aug. Janssen Gastwirt, Georg Janßen Militärinvalide.
Autor: Andreas Grundei
Quellenangabe:
Friedrich Orth, Georg Janßen-Sillenstede, Zur 100. Wiederkehr seines Geburtstages, Jeversches Wochenblatt, 06.09.1977