Anmerkungen zum Gemälde WV-Nr. 1217/1218:
Schon beim ersten Anblick dieses Gemäldes fiel mir die steife und gewellte Leinwand auf. Der naheliegende Gedanke war, dass der Keilrahmen nachgespannt werden müsste, da Leinwände durch Umwelteinflüsse oft an Spannung verlieren und labbrig werden. Die Überraschung war jedoch groß, als ich das rund 60 Jahre alte Gemälde, das eine Darstellung von Birken und Hocken zeigte, von der Wohnzimmerwand der Besitzerin nahm und umdrehte: Auf der Rückseite der Leinwand befand sich ein zweites Ölbild, das Arthur Eden nicht vollendet hatte.
Am Rand verdeckte der Keilrahmen Teile des Motivs, doch erkennbar war ein Getreidefeld mit einer Birke und einem Feldweg. Vermutlich empfand der Künstler das Bild als misslungen und nutzte aus Gründen der Sparsamkeit die Rückseite der Leinwand, um darauf ein neues Werk zu malen, das er später verkaufte.
Um dieses verborgene Gemälde genauer zu erforschen, entfernte ich die Heftzwecken, mit denen die Leinwand seitlich am Keilrahmen befestigt war. Danach ließ sich der Keilrahmen abnehmen, wodurch der Blick auf das gesamte Gemälde frei wurde. Ich vermutete, dass das Motiv vor den Toren Jevers entstand.
Auf dem Bild hatte Eden mit sechs dicken und kräftigen Strichen einen Pinsel mit schwarzer und grüner Ölfarbe ausgestrichen, als wolle er das Gemälde absichtlich entwerten. Zu meiner Überraschung fand sich jedoch in der oberen rechten Ecke eine Betitelung: „vor Heidmühle“, die Eden mit Bleistift notiert hatte.
Nachdem ich das Bild fotografiert hatte, zog ich die Leinwand wieder auf den Keilrahmen und rahmte das Gemälde. Am Computer entfernte ich mit einem Bildbearbeitungsprogramm die dicken Pinselstriche, mit denen Eden das Bild „entwertet“ hatte. Gleichzeitig retuschierte ich verschmutzte Stellen und hellte die Farben auf, sodass das Gemälde in einer Form sichtbar wurde, wie es möglicherweise ausgesehen hätte, wenn Eden es vollendet hätte.
Nach der Aufarbeitung dieser Entdeckung verschwand das verborgene Bild wieder mit Blick in Richtung Wand.
Eine ähnliche Entdeckung machte ich bei den Werken mit den Verzeichnisnummern WV-Nr. 851 und WV-Nr. 852.
Autor: Andreas Grundei