Das Schloss in Jever

Anmerkungen zum Gemälde WV-Nr. 112:

Jever, Schloss, 1972, 62,5 x 74,5 cm, Öl auf Leinwand, Nachlass Arthur Eden (WV-Nr. 112)
Man kann sagen, dass das Schloss Jever eines der Motive war, die Arthur Eden im Laufe der Jahre vollkommen verinnerlicht hatte. Er malte und zeichnete es über hundert Mal aus allen Himmelsrichtungen, in verschiedenen Stilen und Stimmungen. Diese Vielzahl an Darstellungen war nicht zuletzt der hohen Nachfrage geschuldet, denn das Motiv mit dem markanten Zwiebelturm war äußerst begehrt und im Jeverland gut verkäuflich. Zudem erhielt Eden zahlreiche Aufträge, dieses beliebte Motiv zu malen.

1972 gehörte auch Edens Frau Harmina zu den Auftraggebern. Sie bemängelte, dass trotz der großen Zahl an entstandenen Zwiebelturmbildern keines davon im Eden-Haus hing. Daraufhin fertigte Arthur Eden ein Gemälde an, das er seiner Frau widmete (WV-Nr. 112).

Jever, Schloss im Winter, um 1952, 48 x 61,8 cm, Öl auf Leinwand, Privatbesitz (WV-Nr. 1236)

Seine intensive Beschäftigung mit dem Schloss ermöglichte es Eden, das Gebäude aus dem Gedächtnis in allen Details darzustellen. Ein Beispiel dafür ist eine Zeichnung von 1945, die während seiner Kriegsgefangenschaft in Belgien entstand (WV-Nr. 185). Sie zeigt die detaillierte, seitliche Front des Schlosses, wobei alle architektonischen Merkmale wie die Schornsteine, die Wetterfahne, die Zwiebel, die Turmuhren sowie Fenster mit Stürzen exakt wiedergegeben sind. Auch die Bepflanzung im Park entspricht der damaligen Ansicht. Diese Präzision deutet auf ein starkes visuelles Gedächtnis Edens hin, der die Zeichnung am 15. Juli 1945 nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, einer Zeit der Unsicherheit und des Umbruchs, anfertigte. Die Zeichnung wird so zu einem Akt der Erinnerung, der es Eden ermöglicht, in einer fremden und unsicheren Umgebung ein Stück von dem zurückzuholen, was er verloren hatte – die Heimat.

Auch an kalten Wintertagen zog es ihn in den Schlosspark, wo er das Schloss mit schneebedeckten Dächern und Grasflächen malte (WV-Nr. 1236). So entstand dieses Gemälde, das eine winterliche Szene des Schlosses zeigt und den Blick auf das Obergeschoss sowie das Dach des runden Eulenturms umfasst. Die rechte Seite des Bildes wird von der imposanten Struktur des Turms eingenommen, dessen Eingangstür jedoch vom Hügel verdeckt wird. Dieser Hügel, der als Aussichtspunkt dient, entstand beim Bau des Parks zwischen 1822 und 1827, als das alte Rondell mit Bauschutt der abgebrochenen Unterburg aufgeschüttet wurde. Bereits die Fürsten von Anhalt-Zerbst nutzten diesen Punkt als Ort der Ruhe und Erholung. Heute bietet sich von seiner Spitze noch immer ein schöner Blick auf die geschwungenen Wege des Parks.
Der klare Wintertag wird durch das sanfte Licht der Sonne, die durch die Wolken bricht, eindrucksvoll eingefangen. Die ziegelrot gestrichene Außenwand des Schlosses leuchtet im Licht, während auf dem Schnee bläuliche Schatten fallen und die Kälte des Wintertages noch verstärken. Der Himmel ist überwiegend von Wolken verhangen, mit vereinzelt blauen Stellen, die dem Bild zusätzliche Tiefe verleihen. Die Uhr des Schlossturms zeigt die Mittagszeit an, was die winterliche Stille noch verstärkt und den Eindruck eines ruhigen, fast zeitlosen Moments vermittelt.
Gerade in der Winterzeit wurde Eden oft von der Schlossverwalterin Marie Claßen eingeladen, sich bei einer Tasse Tee in ihrer Wohnung im Erdgeschoss des Schlosses aufzuwärmen, wo heute die Museumskasse untergebracht ist.

Prominentester Eigentümer eines Eden-Gemäldes vom Schloss Jever war der ehemalige Bundespräsident Walter Scheel. Ihm wurde das Bild im Mai 1977 in der Villa Hammerschmidt in Bonn von einer Delegation Friesländer, der Aktionsgemeinschaft „Rettet den Landkreis Friesland“, überreicht.

Das Schloss wurde 1428 als Wasserburg mit Wehranlage errichtet und zwischen 1468 und 1511 unter der Leitung des Häuptlings Edo Wiemken, dem letzten Regenten von Jever, erheblich erweitert. Später, im 16. Jahrhundert, vergrößerte seine Tochter Maria das Schloss zu einer Vierflügelanlage. Sie war auch für die kunstvolle Ausstattung des Audienzsaals und dessen prächtiger Kassettendecke von 1564 verantwortlich. Ab dieser Zeit spiegelte das Schloss nicht nur militärische, sondern auch repräsentative Größe wider. In den 1730er Jahren wurde unter der Herrschaft der Fürsten von Anhalt-Zerbst der barocke Turm mit Zwiebeldach aufgestockt, mehr als 150 Jahre nach Marias Tod. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden auch im Inneren Veränderungen am Grundriss vorgenommen, da die ursprüngliche Raumaufteilung nicht den damaligen Bedürfnissen nach einer größeren Anzahl an Zimmern gerecht wurde. Ende des 18. Jahrhunderts, im Jahr 1795, wurde der umlaufende Wassergraben des Schlosses teilweise eingeebnet, und die Stadtbefestigung verlor nach und nach ihre Bedeutung. Um 1799 ersetzte eine feste Brücke die frühere Zugbrücke über den äußeren Graben. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfuhr das Schloss einen letzten größeren Umbau: Im Jahr 1818 wurden die Gebäude der Vorburg abgerissen, und auf dem Gelände der ehemaligen Unterburg wurde ein Landschaftsgarten im englischen Stil angelegt. 1830 entstanden zudem auf beiden Seiten des Schlosshofes zwei Wachhäuser, deren Architektur bis heute erhalten geblieben ist. Seit 1921 beherbergt das Schloss das Heimatmuseum und später auch eine große Anzahl der Gemälde von Arthur Eden.

Die Ausstellungen im Eulenturm

1957 konnte der Jeverländische Altertums- und Heimatverein e. V. zwei Ausstellungsräume im Eulenturm einrichten. Nach der Renovierung waren die Ausstellungsräume direkt vom Schlossgarten aus zugänglich, sodass lange Wege durch das Schloss nicht mehr notwendig waren.

Im Februar 1957 wurde die Ausstellung in den neugestalteten Räumen des Eulenturms mit Bildern von Arthur Eden eröffnet. Sie war bis Weihnachten für die Besucher zugänglich und konnte während der regulären Öffnungszeiten des Museums besichtigt werden. Besonders bemerkenswert war die Möglichkeit, dass Besucher in direkten Kontakt mit dem Künstler treten konnten. Eden saß meist mit einer Kanne Tee an einem kleinen Tisch in der Mitte des Raumes, wodurch eine persönliche und einladende Atmosphäre entstand. Er sprach gerne über seine Kunst, die Techniken, die er anwendete, sowie über seine Motive und Inspirationsquellen. Diese Nähe zwischen Künstler und Publikum schuf eine besondere Verbindung und trug dazu bei, dass die Besucher das Gefühl hatten, mehr über die Gedanken des Malers zu erfahren.

Die Ausstellungen, die jährlich unter den Titeln „Heimat im Bild“ oder „Bilder der Heimat“ stattfanden, wurden schnell zu einer beliebten Tradition. Sie zogen nicht nur Kunstinteressierte, sondern auch viele Menschen aus der Region an, die sich durch die Darstellung ihrer Heimat in Edens Werken angesprochen fühlten. Diese regelmäßig wiederkehrenden Ausstellungen im Eulenturm boten Eden eine hervorragende Gelegenheit, seine Arbeiten einem breiten Publikum zu präsentieren. Sie waren nicht nur eine Möglichkeit für die Zuschauer, Kunst zu erleben, sondern auch eine Plattform, auf der der Künstler seine Vision und Leidenschaft mit der Gemeinschaft teilen konnte. Die Ausstellungen trugen wesentlich dazu bei, dass Eden sich als regionaler Künstler einen Namen machte und seine Werke eine größere Wertschätzung fanden.

Dazu erinnert im Februar 2016 auch Frau Johanna Ummen, die Arthur Eden oftmals an der Schlossmauer malen sah und gegenüber die Hof-Apotheke führte. „Herr Eden sprach mich an und sagte, dass sie so viel Medikamente bei uns kaufen und dass wir im Gegenzug mal ein Bild bei ihm kaufen könnten. Wir besuchten daraufhin im Dezember 1965 seine Ausstellung im Eulenturm und suchten ein Bild aus, das mir gleich ins Auge sprang. Es war eine Naturstudie am Wegesrand mit einem Sonnenhut. Ich nenne das Bild bis heute immer liebevoll „mein Unkrauthaufen“ (WV-Nr. 1014).

Heute befindet sich in den Räumen, in denen Eden seine jährlichen Ausstellungen veranstaltete, das Schloß-Café.

Die Arthur-Eden-Galerie

Im Mai 1973 wurde Arthur Eden im Rahmen einer feierlichen Eröffnung im Schloss- und Heimatmuseum geehrt. Der Jeverländische Altertums- und Heimatverein, dessen Ehrenmitglied Eden war, hatte zu diesem besonderen Anlass einen ehemaligen Archivraum im Obergeschoss des Schlosses vom Staatshochbauamt umgestalten lassen, um eine dauerhafte Galerie für Edens Werke einzurichten. Der Verein hatte zudem eine Reihe von Gemälden bei Eden angekauft, die unter anderem die baulich veränderte Altstadt von Jever sowie Mühlen, Kirchen und Siele aus dem Jeverland zeigten – viele dieser Gebäude existierten inzwischen nicht mehr. Zu Beginn der Eröffnung waren 29 Ölgemälde in der „Arthur-Eden-Galerie“ ausgestellt, die nicht nur die Architektur, sondern auch die Geschichte und die vergängliche Schönheit des Jeverlandes festhielten. Nach wenigen Jahren wuchs die Sammlung in der Galerie auf mehr als 40 Ölgemälde an.

Die Eröffnung fand am 31. Mai 1973 statt, und unter den zahlreichen Gästen sprachen Heimatvereinsvorsitzender Ommo Ommen sowie Bürgermeister Horst Dutge. Ommen würdigte Eden als Maler aus Berufung, dessen Studium an der Berliner Hochschule für Kunst lediglich einen Akzent in einer Ausdrucksweise setzte, die seiner klaren und unverbildeten Empfindung entsprach. Bürgermeister Dutge bezeichnete Eden als „Persönlichkeit“, und Ommo Ommen dankte dem „Maler des Jeverlandes“, der zeitlebens seiner Heimat treu geblieben war.

Autor: Andreas Grundei